1784

LANDKREIS NEUSTADT AUS DER SICHT DES JAHRES 1784

  • Quelle: Zimmermann, Friedrich Albert, Beyträge zur Beschreibung von Schlesien, Band III, Bieg 1784)

 

  •                1. Lage, Grenzen, Größe

Zum Neustädter Kreise gehöret nach gegenwärtiger Eintheilung noch der Oberglogauer, als der größte, und der Zülzer Kreis. Diese 3 Kreise haben zusammen eine Größe von 13 bis 14 Quadrathmeilen, die Gränzen sind, der Oppelnsche, der Falkenbergsche, der Koselsche, der Leobschützer, der Neißer, und vom kaiserlichen Antheil Schlesiens, der Weydenauer Kreis.

  •                2. Berge und Mineralien

Der eigentliche Neustädter Kreis ist auf der Mittagsseite berglicht, die Berge machen mit dem Mährischen eine Kette; unter ihnen ist der Burgberg, welcher der Cämmerey zu Neustadt gehöret, der höchste, dann folgen die Berge bei Langenbrück und Kunzendorf.

Der Oberglogau Kreis ist meist eben, der Zülzer hingegen hat beträchtliche Anhöhen.

Erze finden sich nicht, Torf aber bey Zabrize (Zabierzau). Mauersteine sind zu Kunzendorf, Wiese und Langenbrück.

  •                3. Beschaffenheit, Fruchtbarkeit der Bodens und Produkte

Man kann füglich zwey Drittheile vom ganzen Kreise einen guten fruchtbaren Boden heissen; der vorzüglichste ist bei Deutsch Müllmen, auf der Mittag- und Abendseite von Glogau und um Zülz; der schlechteste zu Dobrau, Steblau, Waworzinzowiz, Mockrau, Riezniz (Ringwitz?) und auf den da herumliegenden Dörfern, wo er sehr sandig ist.

Die Brache ist durchgehends üblich, obgleich ein Theil davon benutzet wird. Ein Viertel des Winterfeldes wird im ganzen genommen mit Weitzen und drei Vierteile mit Roggen besäet. Die Ernde gehet im platten Lande und in den Sandgegenden gegen den 16. Julii, im Gebürge aber erst gegen Ende Julii an.

In den gegenden um Schnellenwalde, Dittmandsorf, Riegersdorf, Leiber (Leuber) und Zülz, wird viel und schöner Flachs erbauet, in den übrigen Distrikten aber wenig, an einigen Orten auch keiner.

Heu wird vorzüglich auf der herrschaft Chrzelitz gewonnen, die jährliche Einfechsung beträgt etwas über 5000 Fuder. Obstbäume waren 1783 780669 Stück. Maulbeerbäume, aber 3830 Stück. Hopfen wird etwas und ohngefähr 300 Scheffel erbauet.

  •                4. Waldungen

Die Mitternachtseite des Kreises zu Chrzelitz und Dobrau hat beträchtliche Waldungen, desgleichen die Stadt Neustadt, besonders Kiefern; auf den Kunzendorfer Bergen wächset der in Schlesien so selten gewordene Lerchenbaum, auch Leerbaum genannt; jetzt ist vieler junger Anwuchs davon vorhanden. Ehemals war hier eine menge altes dergleichen Holz, es wurde aber im siebenjährigen Kriegen ruinirt. Waldbienen gibt es nicht. Wild zur Nothdurft.

  •                5. Gewässer und Fische

Seen sind nicht, aber ansehnliche Teiche. Zu Chrzelitz ist einer, welcher mit 1000 Schock besetzt wird, zu Wiese und Langenbrück sind die größten nach dem Chrzelitzer Teiche.

Die Fischarten sind die gewöhnlichen: Karpfen, Hechte, Karauschken. Bei Langenbrück gebet ein Arm der Oppa, der hier der Steinbach heißt, worinnen Forellen von beträchtlicher Größe gefangen werden.

Flüsse sind: die Prudnig, die Braune, das Zülzer Wasser, die Hotzenplotze und eine Menge kleiner Bäche, keiner aber ist schiffbar; die Hotzenplotze macht oft viele Überschwemmungen.

  •                6. Haus = Thiere

Die Pferde und Kühe in der Gegend um Neustadt und im Dorfe Schönau sind vom großen Schlage, in den übrigen Gegenden aber klein.

Ihre Zahl war im Jahre 1783: 4670 Pferde, 1413 Ochsen, 8302 Kühe, 35430 Schafe, 3460 Schweine, 1559 volle Bienenstöcke.

  •                7. Häuser

Das beste adliche Schloß ist zu Dobrau; zu Dobrau, Zülz und Proskau sind gute Gärte.

In Chrzelitz ein altes massives Schloß mit ungewöhnlich dicken Mauern.

Die Wohnungen der Bauern in der Gegend bey Neustadt sind zum Theil gemauert, und auch die von Holz oder Bindwerk sind doch gut gebauet, in der pohlnischen Gegend hinter Glogau, gegen die Oder zu, in den Dobrauer und Chrzelitzer Dörfern aber meist sehr schlecht.

Im Kreis sind: 3 Städte, 2 Marktflecken, 113 Dörfer und in den beyden letzten 97 Vorwerke. 34 Kirchen, 1902 Bauernhöfe, 1881 Gärtner, 1291 Häusler und 1 Bleiche.

  •                8. Einwohner

Die Sprache ist im Neustädtischen Kreise zwar deutsch, der Ton aber oft singend, der gemeine mann im Glogauischen und Zülzer spricht pohlnisch.

Die Religion der Einwohner zu Elsnig ist ganz evangelisch; zu Schnellenwalde, Dittmansdorf, Riegersdorf, Wiese, Langenbrück, Buchelsdorf, Leiber (Leuber), Schlogwitz und Laswitz sind die Einwohner theils Lutheraner, theils Katholicken; in den übrigen Dörfern aber ist alles katholisch.

Der gemeine Mann ist in den deutschen Dörfern, besonders um Neustadt, fleißig und arbeitsam; in der pohlnischen Gegend um Glogau und vorzüglich gegen die Oder und Waldungen zu, zeigt der zur Verbesserung seiner Vermögensumstände wenig Betriebsamkeit, und ist nach der allgemeinen Neigung der Pohlen zum Teil dem Trunk ergeben. In den Gebürgsgegenden besonders ist das Hauptgeschäft , nach dem Ackerbau, die Flachsspinnerey.

Die Anzahl der Einwohner im Kreise, ohne die drey Städte, war:

  • 1755 – 26422
  • 1765 – 28897
  • 1775 – 31006
  • 1783 – 30120

Die Vermehrung ist ansehnlich und von 31 Lebenden stirbt einer.

  •                . 9. Merkwürdigkeiten

Nahe am Burgberge im Neustädtschen ist ein altes zerstörtes Schloß, auch finden sich zu Schweinsdorf Rudera eines dergleichen: beyde sollen der Sage nach von den Tempelherrn erbauet seyn. Zu Golschowiz, dem Grafen von Schafgotsch gehörig, ward ehedem eine katholische Kirche, sie wurde baufällig, und ist vor 12 Jahren gänzlich caßirt worden.

Von Urnen und anderen Alterthümern findet man nichts. Im Jahr 1783 hat der König die Herrschaft Chrzeliz erkauft, und lässt solche als Domaine administrieren.

  •                . 10. Aeußerliche Verfassung

Diesem Creis ist ein Landrath in der Person des Herrn George David Wenzel von Tschepe; zwey Kreisdeputierten, Herr Kaspar Heinrich von Näse, und Herr Franz von Hoscheck; und ein Steuereinnehmer, Herr Friedrich Karl Grimm, vorgesetzt. Der Kreisphysikus ist Herr D. Kurz.

Das Steueramt ist in der Stadt Glogau.

In Justizsachen stehen die Einwohner unter jeder Gerichtsobrigkeit des Ortes; der Adel und die vornehmern Bürgerlichen aber unter der Briegschen Oberamtsregierung.

Der Kreis gehöret, betreffend die Viehassekuranz zur zweyten Societät, und wegen der Steuer zur zweyten Classe.

Die Werbung hat das Regiment von Arnim (Arnim durchgestrichen und ersetzt durch „Mengden“)

Die Städte stehen in Kammeralsachen unter dem sechsten Steuerräthlichen Departament. Der Steuerrath wohnet in Neustadt.