In der Woche vom 22. bis 28. Mai 2016 führte die HKKNOS in Oberschlesien Forschungsarbeiten in Archiven und mehrere Veranstaltungen durch. Am Sonntagabend, dem 22.05.16, trafen mehrere Mitglieder der HKKNOS (Peter Ernst, Maik Gliese, Sebastian König, Monika Rose, Wolfgang Schiller, Andreas Smarzly, Manfred Weiss und Prof. Ralph Wrobel) im Hotel Piast in Oppeln ein. Zusammen mit den, außerhalb von Oppeln übernachtenden, Günter Hauptstock mit Gattin und Robert Hellfeier mit Gattin, forschten alle Mitglieder der HKKNOS von Montag bis Mittwoch im Staatsarchiv Oppeln. Dabei konnten dank des zuvorkommenden Entgegenkommens der Leitung und der Mitarbeiter/innen des Staatsarchives, sowie des enormen Arbeitseinsatzes der Angereisten, vor allem die u.g. Bestände untersucht und zum großen Teil kopiert/fotografiert werden: Fürstentum Oppeln-Ratibor, Evg. Pfarrei Neustadt, Kath. Pfarrei Steubendorf, Regierung Oppeln, Amtsgericht Oberglogau, Amtsgericht Ziegenhals, AmtsgerichtCosel, Amtsgericht Krappitz, Amtsgericht Ottmachau, Amtsgericht Gnadenfeld, Amtsgericht Neustadt, Landratsamt Neustadt, Katasteramt Krappitz, Katasteramt Neustadt, Standesamt Oberglogau, Standesamt Gläsen, Standesamt Königsdorf, Standesamt Pommerswitz, Standesamt Neustadt, Standesamt Deutsch Rasselwitz, Standesamt Stiebendorf und Standesamt Steubendorf.
An beiden Standorten des Archives, im Stadtzentrum und in der
Außenstelle in Groschowitz, konnten so mehrere Dutzend Meter Akten durchgesehen und mehrere Terrabyte Kopien angefertigt werden, die nun ihrer genauen Auswertung und Untersuchung entgegen sehen.
Während die o.g. Mitglieder die Forschungsarbeit im Archiv durchführten, haben die ebenfalls angereisten Mitglieder Rosemarie und Werner Matulla, sowie Herbert und Renate Schindler u.a. dem DFK in Neustadt/OS bei ihrem wöchentlichen Treffen am Montag, 23.05.16 einen Freundschaftsbesuch abgestattet. Bei Kaffee und Kuchen haben sie sich mit den anwesenden Mitgliedern des örtlichen DFK über ihre Belange unterhalten können, insbesondere stand wieder im Mittelpunkt der anstehende Eichendorff-Wettbewerb, der wieder unter der Leitung von Frau Friedel Dams-Mokrska stattfinden wird. Mit dem Museumsdirektor Dr. Dominiak führten Herbert Schindler, sowie Werner und Rosemarie Matulla ein Interview, in dem Herr Dr. Dominiak die einstigen Neustädter über ihre Erlebnisse am Ende des Krieges bzw. die Getto-Zeit und die Zeit danach befragte. Er hat ein Buch über diese Zeit in Planung und braucht dafür insbesondere auch Informationen von Zeitzeugen.
Am Dienstag, den 24. Mai, besuchten mehrere Mitglieder das Seminar „Wirtschafts- und Sozialgeschichte Oberschlesiens: aktuelle Forschungsergebnisse“ an der Universität Oppeln. An diesem Seminar, welches unser Vereinsvorsitzender gemeinsam mit der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Oppeln als Vertreter der Westsächsischen Hochschule in Zwickau organisierte, hielt Prof. Ralph Wrobel auch einen Vortrag zum Thema: „Ländliche Unterschichten im Oberschlesien des 18. Jahrhundert: Das Beispiel Leschnig, Kreis Neustadt/OS“. Insgesamt wurden sechs Vorträge, von deutschen und polnischen Forschern gehalten. Weitere gemeinsame Projekte sind hier für 2017 geplant.
Nach Abschluss der Forschungsarbeiten in Oppeln, begaben sich am Mittwoch, dem 25. Mai, alle in Schlesien verweilenden Mitglieder der HKKNOS nach Oberglogau, wo unser Vereinsfreund und Direktor des Städtischen Museums in Oberglogau, Alexander Devosges-Cuber, gemeinsam mit dem zweiten Vorsitzenden der HKKNOS, Andreas Smarzly, eine Veranstaltung organsierte, an welcher der eben erst frisch gedruckte 9. Band der Landeskundlichen Schriftenreihe der HKKNOS mit dem Titel „Der Altkreis Oberglogau im Karolinischen Steuerkataster von 1722/26“, der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Buchvorstellung in den originell renovierten Räumen des uralten Stockhausturmes von Oberglogau, in denen sich neben den angereisten- und vor Ort wohnenden Mitgliedern der HKKNOS auch zahlreiche Interessierte aus nah und fern einfanden, leitete Günter Hauptstock mit dem Vortrag „Oberglogauer Juden während der nationalsozialistischen Zeit“ ein. Es handelte sich hier um die Vorstellung einer bisher kaum erforschten Thematik, die der Vortragende in einem ausführlich recherchierten Aufsatz in seinem kürzlich erschienenen Buch „Beiträge zur Geschichte der Stadt Oberglogau IV“ erstmals präsentierte.
Diesem Vortrag folgte zunächst die Vorstellung der Historischen Kommission durch deren ersten Vorsitzenden. Prof. Dr. Ralph Wrobel präsentierte dabei den Teilnehmern der Veranstaltung die über 30-jährige Geschichte der HKKNOS, deren Leistungen, Erfolge, Errungenschaften, die aktuellen Projekte, sowie künftigen Ziele und Vorhaben. Er rief alle an der Geschichte dieser Region Interessierten zur Zusammenarbeit mit der Historischen Kommission auf. Daraufhin kam er zum eigentlichen Punkt der Veranstaltung und stellte zunächst die Entstehung der durch Kaiser Karl VI. befohlenen Erstellung des sog. „Karolinischen Katasters“ vor. Er beleuchtete den Inhalt des Katasters und hob hervor, dass dieses eine einzigartige Primärquelle für die Wirtschafts-, Sozial- und Familiengeschichte Schlesiens in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg darstellt. Die Besonderheit dieser Quelle ist auch die Hauptursache dafür gewesen, dass zehn Mitglieder der HKKNOS über zwölf Jahre lang beharrlich und entschlossen an der Entzifferung, der Erstellung von geschichtlichen Einführungen und Ortsübersichten, den Verzeichnissen und einem präzisen Fußnotenapparat, arbeiteten. Das 605 Seiten starke Ergebnis eines gewaltigen Zeit- und Arbeitsaufwandes präsentierte Prof. Wrobel daher auch mit einigem Stolz vor dem versammelten Publikum. Dieses Buch kann ab sofort beim Vorstand der HKKNOS zum Preis von 10 € oder 40 PLN (plus Versandkosten) bestellt werden.
Weitere Fotos zur Buchpräsentation in Oberglogau siehe hier.
Die Veranstaltungswoche der HKKNOS in Oberschlesien krönte der „Historische Nachmittag“ am Donnerstag, den 26. Mai 2016, in Körnitz, den der zweite Vorsitzende Andreas Smarzly mit einer Schar engagierter Helfer im Namen der Historischen Kommission organisierte und durchführte.
Nach der Begrüßung der Veranstalter und aller Gäste in Körnitz durch den Ortsvorsteher Tomala, eröffneten Andreas Smarzly und Andrea Marx in der geräumigen Sporthalle der Körnitzer Schule, in der sich weit über zweihundert Gäste und alle angereisten Mitglieder der Historischen Kommission eingefunden hatten, zunächst ihre gemeinsame Fotoausstellung „Körnitz und die Körnitzer in alter Fotografie“. Die Ausstellung umfasst ca. dreihundert Fotos und Ansichtskarten von Körnitz aus der Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts bis in die 1970er Jahre und gliedert sich in die Themen: Trachten, Familien, Kinder, Kirche & Religion, Messdiener, Hochzeiten, Erste Hl. Kommunion, Kirchenchor, Orchester, Landwirtschaft, Militär, Schule, Lehrkörper, Schulklassen, Schulausflüge, Kindergarten, Freizeit/Feierabend, Fußball und Motorisierung. Ein überwältigendes Interesse der Gäste an der Fotoausstellung überzeugte die Ausstellungsveranstalter, die ursprünglich als zeitlich befristet geplante Ausstellung nun zunächst ein mal für unbefristete Zeit in den Räumen des DFK in Körnitz den Interessierten weiterhin zu präsentieren. Zahlreiche Körnitzer fühlten sich noch während des „Historischen Nachmittages“ inspiriert, mit ihren privaten alten Familienfotos die Ausstellung zu bereichern und diese für ein künftig geplantes Buch mit historischen Fotografien von Körnitz zur Verfügung zu stellen.
In seiner Eröffnungsrede bedankte sich Andreas Smarzly an erster Stelle bei seiner Vereinskollegin Andrea Marx, aber auch bei der gesamten Historischen Kommission, dem Deutschen Freundschaftskreis Körnitz mit seinem Vorsitzenden Georg Rybczyk an der Spitze und dem Schulleiter der Körnitzer Schule, Herrn Ryszard Reszczyński, für die enorme Unterstützung, die alle bei der Organisation der Veranstaltung geleistet hatten. Ebenso dankte er auch den zahlreichen Sponsoren, die u.a. für die kostenlose Bewirtung der anwesenden Gäste mit schlesischem Streuselkuchen, Kaffee und Getränken gesorgt hatten.
Daraufhin stellte Prof. Wrobel, wie bereits tags zuvor in Oberglogau, den Anwesenden die Historische Kommission vor und präsentierte dem Publikum das neue Gemeinschaftswerk „Der Altkreis Oberglogau im Karolinischen Steuerkataster von 1722/26“. Im Anschluss an die Buchvorstellung nutzten die Gäste rege die Möglichkeit zum Erwerb des neuen Buches.
Andreas Smarzly informierte danach die Anwesenden über den aktuellen Stand an den Arbeiten einer Chronik des Dorfes Körnitz. Er stellte dabei den Interessierten die existierenden Quellen vor, die für die Beleuchtung der Vergangenheit dieses Dorfes unabdingbar sind, und die er bereits erforscht hat. Gleichzeitig zeigte er auch auf, welche Dokumente noch erforscht werden müssen und welche geschichtliche Epochen aufgrund fehlender Quellen wohl niemals restlos beleuchtet werden können. Eindringlich bat der Sprecher die Körnitzerinnen und Körnitzer um Hilfe bei der Erforschung der Geschichte ihres Heimatortes. Insbesondere ersuchte er alle anwesenden Einwohner, alte Fotos, Dokumente, historische Zeugnisse, Erzählungen oder Erinnerungen mit ihm zu teilen, damit er mit diesen die Dorfchronik weiter bereichern kann.
Als nächste Referentin trat unsere Vereinskollegin, die gebürtige Körnitzerin, Anna Myszyńska mit ihrem Vortrag „Meine doppelte Identität“ auf. Die durch ihre, in der oberschlesischen Mundart geschriebenen Bücher, in Oberschlesien dem breiten Publikum bekannte Schriftstellerin stellte den Anwesenden ihr von deutscher und polnischer Kultur beeinflusstes Leben und ihre bisherige literarische Arbeit vor.
Den letzten Vortrag des Tages hielt der Schulleiter der Körnitzer Grundschule, Herr Ryszard Reszczyński. Er präsentierte dabei die Ergebnisse seiner bisherigen Forschungen über den ehemaligen Pfarrer von Körnitz, Anton Sarnes, und dessen Tätigkeit als Herausgeber der polnisch sprachigen katholischen Zeitschrift „Monika“. So überraschte der Referent die Zuhörer u.a. mit seiner Ablehnung der bisherigen Feststellungen polnischer Historiker, Pfarrer Sarnes sei ein Vorkämpfer des Polentums in Oberschlesien gewesen, als er Zeugnisse präsentierte, die die unerschütterliche Treue des Kirchenmannes zu Deutschland und zum deutschen Kaiserhaus unterstrichen. Mit der Vorstellung der Tätigkeit und des Lebenslaufes des Geistlichen vervollständigte Reszczyński wesentlich den bisherigen Forschungsstand über die Körnitzer Pfarrei und die hier tätigen Geistlichen im ausgehenden 19. Jahrhundert.
Zur Auflockerung der Atmosphäre trat zwischen den Vorträgen die Gesangsgruppe des Deutschen Freundschaftskreises in Körnitz auf. Mit Volksliedern in deutscher, polnischer und oberschlesischer Sprache verbreiteten die Damen um den auf einer Harmonika musizierenden Heinrich Kamrad unter den Gästen sehr viel gute Laune.
Nicht nur unter den Bewohner von Körnitz und der Umgebung fand der „Historische Nachmittag“ großes Interesse, auch die lokale Presse („Tygodnik Krapkowicki“, „Nowiny Krapkowickie“, „Tygodnik Prudnicki“), die ihre Reporter zu der durchweg zweisprachig durchgeführten Veranstaltung entsandte, berichtete über diese im Nachhinein sehr positiv und teilweise auch sehr ausführlich:
Nowiny Krapkowickie 31.05.2016
Nowiny Krapkowickie 31.05.2016b
Aus der Sicht des vollzählig an der Veranstaltungswoche teilnehmenden Vorstandes der Historischen Kommission und der mitgereisten sowie ortsansässigen Mitglieder war diese Tour ein vollständiger Erfolg. Die Unmengen an neuen Dokumenten, Materialien und Daten aus dem Staatsarchiv werden wieder einen weiteren Grundstock für zahlreiche neue Forschungen und Publikationen der Mitglieder oder im Rahmen der landeskundlichen Schriftenreihe bilden. Die zahlreich besuchten Veranstaltungen an der Universität in Oppeln, in Oberglogau und in Körnitz hingegen machten unseren Verein in Schlesien noch bekannter, erregten großes Interesse an unserer Arbeit (insbesondere an unserer neuesten Publikation „Der Altkreis Oberglogau im Karolinischen Steuerkataster von 1722/26“) und verschafften uns zugleich viele neue interessante Kontakte, Freunde und sogar einige neue Mitglieder.
Andreas Smarzly